Sehr interessanter Artiker in der NZZ. Natürlich geschrieben aus Zürcher Perspektive und zu negativ. Jedoch kann man nicht abstreiten, dass das Geschriebene auch Wahres beinhaltet.......Stimmt mich sehr nachdenklich.
"Der EV Zug ist der souveräne Leader der National League – doch der Klub steht unter Spardruck
Eigentlich könnte der EV Zug gerade die Leichtigkeit des Seins geniessen. Doch es ist ein turbulenter Winter für den EVZ, nicht nur Corona-bedingt: Die Zuger werden im Sommer zwei ihrer wichtigsten Spieler verlieren. Santeri Alatalo wird wohl in Richtung Lugano weiterziehen, und Rafael Diaz wechselt zu Gottéron. Es gibt die alte Weisheit, dass jeder Spieler ersetzbar sei, und vielleicht stimmt das sogar bei Diaz und Alatalo, obwohl es keinesfalls kommode Abgänge sind. Alatalo reifte in Zug während acht Jahren vom ungestümen Mitläufer zum Nummer-1-Verteidiger. Und der Captain Diaz war das Aushängeschild des Klubs; der Verteidiger stand für die Seriosität des Standorts Zug, dem er über die Jahre mit öffentlichen Liebesbekundungen («Die schönste Stadt der Welt») huldigte. Trotzdem verabschiedet er sich, mit 35 Jahren, nach Freiburg, weil es dort mehr Geld und Vertragsjahre gibt. Der Zuger Sportchef Reto Kläy sagte, der Klub sei bis an die Grenzen gegangen, doch er trage eine wirtschaftliche Verantwortung.
Was bleibt von der Ära Diaz?
Die Abgänge treffen den EVZ hart, das Duo ist auf dem Schweizer Markt nicht zu ersetzen, und selbst wenn: Es wird eine neue Ära anbrechen, im Herbst 2021, weil sich mit den Abgängen vieles verändert: der Kern dieser Mannschaft, die Hierarchie. Die Frage ist, welches Vermächtnis Diaz und Alatalo hinterlasse, darüber werden die nächsten Monate Aufschluss geben. Sie sind Eckpfeiler in einem teuren Konstrukt, das für einen einzigen Zweck aufgebaut wurde: den Gewinn einer Meisterschaft. Zwei Mal war der EVZ in der Ära Diaz nahe dran, 2017 und 2019, im Play-off-Final fehlten gegen Bern einmal zwei und einmal drei Siege. Das ist keine schlechte Bilanz, doch gemessen an den Investitionen ist sie nicht gut genug – schliesslich hat sich der Klub neben Diaz und Alatalo auch noch Spieler wie Leonardo Genoni und Grégory Hofmann geleistet. Und selbst Mitläufer wie Jesse Zgraggen und Jérôme Bachofner mit Salären von über 300 000 Franken vergoldet, damit sie bei der Mission Titelgewinn eine Rolle spielen.
Noch immer ist das möglich, denn in einem Championat, in dem nach knapp der Hälfte der Qualifikation kein Team unwiderstehlich wirkt, ragt Zug bis jetzt heraus. Der EVZ ist souveräner Leader, was die Konkurrenten zu ärgern scheint. Nicht wenige äussern sich dieser Tage kritisch zum EVZ. In Bezug auf das hochmoderne Trainingszentrum Oym in Cham unken Funktionäre anderer Klubs, dort sei ein «Polizeistaat» erschaffen worden, so rigoros würden die Sportler und ihre Trainingswerte kontrolliert. Vielleicht entspricht das der Wahrheit, vielleicht ist es einfach Eifersucht. Sicherlich aber ist den Zugern die Aufmerksamkeit der Branche gewiss.
Die Ausländerfrage
Was den Widersachern Sorge bereiten muss, ist das massive Steigerungspotenzial des EVZ; längst nicht alle Spieler haben sich bisher entfaltet. Die schwedischen Stürmer Carl Klingberg und Erik Thorell waren so unproduktiv, dass unter normalen Umständen längst ihre Ablösung in Erwägung gezogen worden wäre. Auch Lino Martschini fand den Tritt wochenlang nicht.
Und dann ist da noch der Fakt, dass die Zuger derzeit mit nur drei Ausländern spielen. Der Angreifer Ryan MacLeod, eine Leihgabe der Edmonton Oilers, ist abgereist. Und einen Ersatz wird es offenbar nur geben, wenn dieser ebenso für Kost und Logis spielt wie MacLeod, dessen Lohn von den Oilers bezahlt wurde. Als die Lokalpresse den Manager Kläy fragte, ob denn Ausgaben in der Höhe von 5000 Franken pro Monat bezahlt werden könnten, lautete dessen Antwort: Nein, gratis muss er sein. Es ehrt die Zuger, dass sie sich einer so rigiden Sparpolitik verschrieben haben. Angesichts des Lohnverzichts quer durch das Unternehmen hindurch ist das nur konsequent. Und doch ist es eine eigenwillige Strategie, fast 400 000 Franken für Spieler in der vierten Linie auszugeben und dann keine 5000 pro Monat in einen Ausländer investieren zu wollen.
Bis zum Transferschluss bleiben knapp zwei Monate. Das ist Zeit genug, den Sportchef Kläy zumindest versuchen zu lassen, ein Wunder zu erwirken. Und wenn das nicht gelingt, bleibt vielleicht ja doch noch die elegante «Langnauer Lösung». Die SCL Tigers haben sich den exzellenten Marcus Nilsson fremdfinanzieren lassen, ein Verwaltungsrat übernimmt die Kosten. Rund um den EVZ gibt es genügend solvente Menschen, die nach mehr als 20 Jahren des Wartens auf einen Meistertitel gewillt sein dürften, 5000 Franken pro Monat zu sponsern."