Mike Künzle wurde dreimal wegen Schwalben bestraft: Wenn Spieler und Richter das Gleichgewicht verlieren
01.12.2025, 17.00 Uhr
Diving (Fallenlassen) ist eine Unsitte im Schweizer Eishockey. Bei EVZ-Stürmer Mike Künzle, der dafür dreimal innert kurzer Zeit gebüsst wurde, stellt sich aber die Frage der Verhältnismässigkeit. Ausserdem war die dritte Busse ein juristischer Fauxpass.
Eishockey ist ein harter Sport. Die Abrechnungen physischer Art gehören zum Spiel, sei es innerhalb oder ausserhalb des reglementarisch festgehaltenen Verhaltenskodexes. Nicht zum Spiel gehören Bestürmungen und Rudelbildungen der und um die Schiedsrichter durch Besserwisser. Sogar verpönt sind Aktionen, bei welchen Spieler aufs Eis fallen, wenn sie den kleinsten physischen Widerstand eines Gegners spüren. Glaubwürdigkeit und Anstand gegenüber dem Gegner, aber auch vor dem Spiel und den Regelhütern gebieten, auf den freien Fall aus dem Stand zu verzichten. Dies, weil man aus anderen Mannschaftsportarten weiss und es in jedem Spiel am TV sieht, dass selbst Betroffene von kleinsten Berührungen zu Boden sinken, als seien sie vom Blitz getroffen worden.
So wurde vor einigen Jahren das Regelwerk im Schweizer Eishockey für die beiden obersten Liegen sowie die U17- und U21-Junioren entsprechend ergänzt durch die Möglichkeit, Diving («Schwalben») nicht nur mit einer Kleinen Strafe auf dem Eis zu sanktionieren, sondern zusätzlich nach einem Verfahren der Verbandsjustiz mit empfindlichen Bussen oder sogar Sperren zu bestrafen. Diese quasi permanente Drohung über den Köpfen von Spielern mit einem etwas ambivalenten Verhältnis zur Schwerkraft vermochte nicht zu verhindern, dass in der vergangenen Saison neun und in der laufenden Saison bereits zehn Fälle von Diving (oder Embellishement; Vortäuschen einer Verletzung) sanktioniert werden mussten.
Der EVZ-Stürmer Mike Künzle hat wegen Diving zwischen dem 8. Oktober und dem 29. November dreimal Post erhalten vom Einzelrichter mit Bussen von jeweils 1760, 3760 und 5760 Franken. Im letzten Fall ist eine Spielsperre dazugekommen, die er am Samstag gegen Ajoie abgesessen hat. Trotz der im Grundsatz zu begrüssenden Praxis, dieser Unsitte zu begegnen, stellt sich natürlich die Frage der Verhältnismässigkeit. Und es macht den Anschein, dass ein Spieler, der einmal auf der virtuellen Liste der Faller verzeichnet ist, es schwer hat, seinen Platz auf ebendieser Liste wieder abgeben zu können. Speziell beim Fall, der zum dritten Verfahren gegen Künzle geführt hat, lässt die Szene auf dem Video den Schluss nicht zu, er habe quasi über Gebühr nachgeholfen. Natürlich stellt sich die Frage, weshalb ein Bandentraktor der oberen Hubraumklasse wie Künzle, der die Gegner an seiner Masse abprallen lassen kann, das Gleichgewicht doch relativ leicht zu verlieren scheint.
Das Gleichgewicht zumindest temporär ebenfalls abhandengekommen ist dem zuständigen Einzelrichter, der Künzle mit Entscheid vom 29. November aus dem Spiel vom 27. November gegen Servette reglementskonform für ein Spiel gesperrt hat, weil es sich um die dritte Verurteilung handelt. Dabei hat er allerdings übersehen, dass der Entscheid im zweiten Fall aus dem Spiel vom 21. November gegen Lausanne, getroffen am 28. November, infolge der fünftägigen Einsprachefrist zwei Tage später gar noch nicht rechtskräftig war – ein juristischer Fauxpas, der nicht hätte passieren dürfen.
Irgendwie passend zum ganzen Kontext mutet an, dass im erwähnten EVZ-Heimspiel vom 27. November den Unparteiischen ein regeltechnischer Fehler unterlaufen ist, der bei Einreichen eines Spielfeldprotestes durch Servette mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Wiederholung des Spiels geführt hätte. EVZ-Stürmer Dominik Kubalik schoss die Scheibe 82 Sekunden vor Schluss ins leere Genfer Tor zum 3:1, obwohl der Linienrichter ein Offside angezeigt hatte. Gemäss Regelbuch ist bei einem Schuss Richtung Tor ein «Clearing» des Offsides (der Spieler hebt es auf, in dem er die Angriffszone verlässt), nicht möglich. Das Tor zum 3:1 war deshalb irregulär, mit der Folge, dass den Genfern weitere maximal 82 Sekunden genommen wurden, mit sechs gegen fünf Spieler noch den Ausgleich zum 2:2 zu erzielen.