«Chropfleerete»: EVZ-Fans und das Captain-Team haben sich zu einer Aussprache getroffen
Die Niederlagenserie des EV Zug hat Spuren hinterlassen. Am Montag hat zwischen Fans, drei Spielern und dem Trainer ein Meinungsaustausch stattgefunden. Sachlich und konstruktiv soll die Diskussion vonstatten gegangen sein.
Philipp Zurfluh 1 Kommentar 17.02.2023, 05.00 Uhr
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Was sich an einem Montagabend im Oktober 2021 beim SC Bern in der Postfinance-Arena abgespielt hatte, war erstaunlich und wohl einmalig. Die Mannschaft empfing auf Einladung des heutigen CEO Raëto Raffainer 16 Fans in der Garderobe. Dem Team wurde ins Gewissen geredet und an Werte wie Stolz, Kampfgeist und Leidenschaft appelliert. Die Spieler hörten zu, äusserten sich aber nicht.
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Eine Fan-Predigt in der Kabine, dem Heiligtum sozusagen, dort wo das Herz der Mannschaft ist und nur ein auserwählter Kreis Zutritt erhält. Wäre das auch beim EV Zug möglich? «Das wird es bei uns in der Garderobe niemals geben», betont Sportchef Reto Kläy, der sich selbst zweimal pro Jahr mit Fanklubs trifft, um über EVZ-Themen zu informieren und den Puls zu fühlen.
Wie nun unsere Zeitung in Erfahrung bringen konnte, hat am Montagabend ein geheimes Treffen zwischen Fans und dem EV Zug stattgefunden. Nicht in der Garderobe, sondern im Legends Club in der Bossard-Arena. Die Initiative für eine Gesprächsrunde ging nicht vom EV Zug aus, sondern von der Herti Nordkurve, die Dachorganisation der Zuger Fanszene. Neben zehn Fan-Vertretern der Herti Nordkurve war das Captain-Team des EV Zug anwesend: Die Spieler Jan Kovar, Reto Suri und Lino Martschini. Auch Trainer Dan Tangnes machte seine Aufwartung.
«Meister-Bonus» schrumpft
Nach vier Spielen ohne Sieg sahen einige Fans Handlungsbedarf. Es herrschte Redebedarf. Der Dialog sollte dazu dienen, in Ruhe Fragen stellen zu können, ein besseres gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und mit Missverständnissen aufzuräumen. In den letzten Wochen ist die Ungeduld in der Fan-Gemeinschaft gewachsen. Verwöhnt während den zwei Meisterjahren waren sich die Zuschauenden Niederlagenserien und uninspirierte Auftritte nicht mehr gewohnt.
Der «Meister-Bonus», den sich die Mannschaft mit zwei überragenden Saisons erspielt hatte, er schrumpfte zuletzt beim Publikum von Spiel zu Spiel. Es war die Art und Weise, wie sich der EV Zug präsentierte und vielen schlecht bekam. Die Fans transportierten ihre Botschaft beim Heimspiel gegen den HC Lugano am 3. Februar auf einem Banner: «Aufwachen - Punkte machen.» Bevor die Stimmung ins Negative zu kippen drohte, wurde ein klärendes Gespräch organisiert.
Die Forderung der Zuger Fans ist unübersehbar.
Bild: Philipp Schmidli / Keystone (Zug, 11. Februar 2023)
An den offiziellen Zuschauerzahlen lässt sich die Ungeduld der EVZ-Fans nicht festmachen. Bei vier der letzten sechs Heimspielen wurde «ausverkauft» gemeldet. Doch der Schein trügt. In der Stehkurve waren viele Lücken zu sehen und auch Sitzschalen blieben unbenutzt, mehr als auch schon. Den EV Zug trifft bei der «Mogelpackung» keine Schuld. In der National League ist es gängige Praxis, dass bei der offiziellen Zuschauerzahl alle verkauften Saisonkarten sowie Einzeltickets miteingerechnet werden. Sie entspricht somit nicht der effektiven Anzahl Personen, die tatsächlich im Stadion sitzen oder stehen.
In der Saison 2021/22 hatte der EV Zug versucht – entgegen der üblichen Vorgehensweise – in den ersten drei Heimspielen eine Zahl zwischen den verkauften Tickets und den sich effektiv in der Arena befindenden Zuschauer anzugeben.
Er wurde vom Verband zurückgepfiffen und angehalten, die «korrekten» Zahlen zu rapportieren, wie damals CEO Patrick Lengwiler gegenüber dieser Zeitung bestätigte.
Es ist wie in einer Beziehung
Zurück zum Fan-Treffen: Alles sei friedlich abgelaufen, versichert Tangnes, ohne genauer auf die Gesprächsinhalte einzugehen. Er verschliesse sich nie vor einem Austausch. Er habe ihn als aufschlussreich und zielführend empfunden. «Wir haben uns nicht gegenseitig mit Vorwürfen eingedeckt, sondern es war eine gute Diskussion.»
Auch aus Fan-Sicht fällt das Fazit positiv aus. Es verhalte sich wie in einer Beziehung. Es läuft nicht immer rund, deshalb sei es richtig gewesen, reinen Tisch zu machen.
Suri: «Ein sachlicher und konstruktiver Austausch»
Reto Suri äussert sich folgendermassen: «Wir stehen für die sportliche Situation gerade und stehlen uns nicht aus der Verantwortung.» Im rund 90-minütigen Gespräch haben die Spieler sich zur sportlichen Situation geäussert und Gründe erläutert, warum das Team bislang hinter den Erwartungen geblieben ist. Suri sagt weiter: «Die Fans haben es sehr geschätzt und haben eine andere Perspektive erhalten. Es war ein sachlicher und konstruktiver Austausch, der nicht von Emotionen getrieben war.» Für ihn ist unbestritten:
«Wir müssen alle in die gleiche Richtung gehen und als Einheit auftreten.»
Die Herti Nordkurve hat sich vor ein paar Tagen mit einem Offenen Brief an den EV Zug und die Fans gewandt. Darin heisst es unter anderem: «Es braucht ein Team, welches mit Herz und Leidenschaft 60 Minuten powert und uns Fans, die das Stadion zum Brennen bringen und die Jungs auf dem Eis zu Höchstleistungen pushen.»
Der EV Zug ist im Playoff-Kampf auf Support angewiesen. Fünf der acht ausbleibenden Spiele trägt die Mannschaft in der Bossard-Arena aus. Sie hat es selbst in der Hand, die Gunst des Publikums zurückzugewinnen.