"Der ausbleibende Lerneffekt
Fünf Pleiten in Serie, die Abwärtsspirale dreht weiter. Der EVZ gibt ein konfuses Bild ab. Reto Suri wird deutlich.
Philipp Zurfluh
Was haben Lugano, Biel, Davos, Fribourg, Lausanne und Ajoie gemeinsam? Nicht viel, möchte man meinen. Doch seit Samstagabend gibt es eine Parallele. Sie alle haben in den letzten Wochen einen Sieg aus der Bossard-Arena entführt.
Mit dem «siebten Mann» im Rücken spielt es sich besser, wirklich? Denkste! Der EV Zug holt aus den letzten sieben Spielen in der Bossard-Arena nur fünf von möglichen 21 Punkten. Er hat den Nimbus als heimstarke Mannschaft verspielt. «Einmal mehr haben wir es nicht geschafft, die Fans von den Sitzen zu reissen», bedauert Lino Martschini. Reto Suri äussert sich entschuldigend Richtung Fans: «Es tut mir leid für die Leute, die jedes Mal ins Stadion kommen. Momentan agieren wir als Zuschauer. Wenn wir so weitermachen, können wir fürs nächste Spiel auch Tickets kaufen.» Trotz 1:5 gegen den HC Lugano: Der harte Kern auf der Stehrampe tut gegen Ende des Spiels sowie nach der Schlusssirene lautstark seine Unterstützung kund: «Wir wollen euch kämpfen sehen, wir wollen euch siegen sehen.»
Führungsspieler tauchen ab
Doch Siegen ist derzeit im EVZ-Vokabular ein Fremdwort. Fünf Pleiten in Serie sind es. Das 1:5 war die höchste Heimniederlage seit 26 Monaten. Die Schwächen sind seit Wochen dieselben. Die Zuger begehen zu viele individuelle Fehler und servieren den Gegnern Torgelegenheiten auf dem Silbertablett. Die Spielfreude ist weg, es fehlt die defensive Stabilität, einfachste Pässe misslingen. Immerhin sind die Eishockeyaner selbstkritisch, wenn sie wie Martschini die Dinge beim Namen nennen: «Es war ein schlechter Auftritt. Der Gegner hat die drei Punkte mehr gewollt. Ich hatte das Gefühl, wir sind den ganzen Abend dem Puck hinterhergejagt. Wir haben Angst gehabt, Verantwortung zu übernehmen.»
Mit Angst in den Köpfen lässt sich freilich kein Spiel gewinnen. Alles eine Frage der Einstellung? «Wenn die Grundtugenden nicht da sind, müssen wir nicht über das Spielerische debattieren», spart Suri nicht mit Kritik. Er zählt Dinge wie Leidenschaft, Kampfgeist, Laufbereitschaft und Emotionen auf. Aus ihm sprudelt der Ärger heraus: «Es ist nicht das erste Mal, dass wir über das reden. Das frustriert mich.»
In Phasen sportlicher Krisen müssten Leaderfiguren vortreten, mit gutem Beispiel vorangehen. Mehr denn je sind ihre Führungsqualitäten gefragt. Doch diverse Schlüsselspieler stecken offensichtlich im Formtief. Wenig überraschend bemerkt Trainer Dan Tangnes: «Ich vermisse Spieler, die Verantwortung übernehmen, egal wie sie heissen.»
Da wäre Jan Kovar. Sein Einfluss aufs Spiel tendiert gegen null. Nur eine Torbeteiligung aus den letzten sieben Partien. Der Captain performt weit unter seiner Bestform. Er macht körperlich keinen fitten Eindruck, schleppt sich vielmehr übers Eis, seine Genialität blitzt selten auf. Da wäre Fabrice Herzog, der gegen den HC Lugano wie Kovar eine Minus-2-Bilanz vorweist. Im Herbst fuhr er den Gegnern um die Ohren, jetzt hat er elf Spiele nicht mehr getroffen. Auch Topskorer Martschini ist momentan nicht in der Lage, den Unterschied auszumachen. Es spricht für den dienstältesten EVZ-Spieler, dass er bei der Aufarbeitung der Niederlage sich ins Gebet nimmt: «Ich müsste einer derjenigen sein, der versucht, das Ruder herumzureissen. Das gelingt mir nicht und muss ich selbstkritisch analysieren.»
Derzeit gibt es wenig Lichtblicke, doch sie gibt es. Suri, erst seit einem Monat genesen, ist einer der Besten. Obwohl von ihm am wenigsten erwartet wird, was viel über den Zustand des Kollektivs aussagt. Der EVZ ist im Gegensatz zu anderen Teams nicht in den Playoff-Strichkampf verwickelt, könnte also befreit aufspielen. Druck kann daher nicht als Erklärung dienen. Sind sich alle der heiklen Situation bewusst? «Es liegt nicht an mir, das zu kommentieren. Es kann sich jeder ein Bild machen, wie viel Druck vorhanden ist», sagt Suri, der mahnt: «Wenn wir das Gefühl haben, wir können mit Schönwetter-Hockey ein Spiel gewinnen, dann ist unsere Saison schnell vorbei.» Ob die Worte Warnung genug sind?"
(aus der Zuger Zeitung von heute)