EVZ-Trainer Michael Liniger sagt vor dem Restart: «Ich verstehe eine gewisse Frustration»
Mit einem Mammutprogramm vor der Brust nimmt der EV Zug nach der Nationalmannschaftspause den Spielbetrieb wieder auf. Trainer Michael Liniger spricht über Kritik, Druck und sein Verhalten an der Bande.
Der EV Zug kommt nicht vom Fleck, er steht auf Tabellenrang 8 und hat noch nie mehr als zwei Spiele in Folge gewonnen. Welche Erklärungen haben Sie dafür?
Michael Liniger: Wir haben weniger Spiele bestritten als andere Teams, die Tabellensituation ist daher immer mit Vorsicht zu geniessen. Das war auch schon so, als wir in der vorgängigen Nationalmannschaftspause auf dem vierten Platz klassiert waren. Wir sind uns bewusst, dass wir aktuell nicht dort stehen, wo wir stehen wollen. Wir machten schwierige Phasen mit sehr vielen Verletzten durch, das konnten wir nicht im Handumdrehen kompensieren. Wenn die besten Spieler länger fehlen, ist es schwierig in dieser Liga, wir müssen um jeden Punkt kämpfen. Klar, die Saison verlief bisher sicher nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Angesichts unserer personellen Nöte könnte es jedoch auch schlimmer sein.
Der Funke vom Team zu den Fans scheint noch nicht übergesprungen.
Wie kommen Sie auf diese Annahme?
Anhänger bemängeln in Foren zum Beispiel, dass das Team bisweilen blutleer und leidenschaftslos auftrete.In einigen Spielen sind wir definitiv nicht so aufgetreten, wie wir uns das vorgenommen hatten. Da sehe ich leider noch Parallelen zu den letzten zwei Saisons. Daran arbeiten wir. Ich verstehe eine gewisse Frustration, sie zeugt von der grossen Leidenschaft der Fans. Ihnen ist nicht gleichgültig, wie es um uns steht. Auch ich bin manchmal frustriert, aber das bringt uns nichts. Es geht darum, mit den verfügbaren Spielern das Bestmögliche herauszuholen. Dabei darf man nicht vergessen, dass wir in einigen Partien Spieler mit Jahrgang 2007 oder sogar 2008 eingesetzt haben. Sie machen ihre Sache sehr gut, aber es ist früh, um auf diesem Niveau zu spielen. Kaum ein anderes Team der National League oder Swiss League setzt so früh auf derart junge Spieler wie wir. Das ist eine wichtige Investition in unsere Zukunft, hat jedoch auch Auswirkungen auf die Tiefe und Qualität unserer Mannschaft. Die Erwartungen und Ziele beruhen aber meistens auf einem kompletten Kader, mit allen Teamstützen an Bord.
Zu Saisonbeginn sagten Sie, dass Sie eine neue Mentalität implementieren wollen, die auf Einsatzwille und Aufopferungsbereitschaft basiert. Wo sehen Sie Ihr Team in diesem Prozess?
Wir sind noch nicht so weit, wie ich es mir wünsche. Auch Energie können wir noch mehr kreieren.
Spüren Sie Druck?
Jeder Job als Headcoach ist mit einem gewissen Druck verbunden. Ich mache mir selbst den grössten Druck, ich möchte der bestmögliche Trainer sein und mich jeden Tag weiterentwickeln. Auch als Mannschaft wollen und müssen wir uns verbessern, da ist es logisch, dass ich mir Gedanken mache. Ich spüre aber das Vertrauen des Managements und das Verständnis für die Situation. Die Klubführung respektiert und wertschätzt unsere tägliche Arbeit, auch wenn die Resultate manchmal noch nicht so ausfallen, wie wir das gerne hätten.
Für positive Resultate braucht es Leader. Captain Jan Kovar ist weit entfernt von der Form früherer Tage, Daniel Vozenilek ist mehr Last als Hilfe. Welche Spieler nehmen Sie nun besonders in die Pflicht?
Grundsätzlich alle. In der Nationalmannschaftspause hatten wir genügend Zeit für Gespräche. Es gibt Spieler, die mehr Leadership mitbringen als andere. Aber wenn die Mannschaft besser performen will, müssen viele Akteure mehr Verantwortung übernehmen. Wenn es einem Spieler nicht läuft, müssen andere die Lücke füllen. Auch der Coaching-Staff ist gefordert: Wir hinterfragen uns ständig selber.
Sie hinterlassen an der Bande einen ruhigen Eindruck. Können Sie auch laut werden, wenn es sein muss?
Ja, aber ich bin kein Schauspieler. Ich coache nicht für die Zuschauer, nicht fürs Fernsehen, nicht für die Medien. Ich coache für die Mannschaft. Meine Leidenschaft fürs Eishockey könnte nicht grösser sein, ich bin heiss an jedem Match. Aber wenn du durchdrehst als Trainer eines Teams, das im Spiel verunsichert wirkt, bringt das nichts. Ich versuche einfach, der Mannschaft so gut wie möglich zu helfen und ihr die Inputs zu geben, die sie braucht.
Nun folgen vier Spiele in fünf Tagen. Wie gehen Sie diese Aufgabe an?
Mit einer guten Vorbereitung. Wir konnten uns etwas erholen, das war wichtig. Denn in den letzten Spielen war die Energie nicht mehr in vollem Ausmass vorhanden. Jetzt kehren einige Spieler zurück, die uns die nötige Tiefe im Kader ermöglichen. Dadurch können wir die Eiszeit besser verteilen und mehr rotieren. Bisher hatten wir da gar keine Optionen. Die Zeit bis Weihnachten ist absehbar – und es ist eine wichtige Phase für uns.
Was erwarten Sie in dieser Phase von Ihrem Team, damit Sie sorglos Weihnachten feiern können?
Dass wir zusammenstehen, dass sich jeder ins Zeug legt für die Mannschaft und dass wir die beste Leistung abrufen, die am Tag X möglich ist. Wenn sich alle inklusive Coaching-Staff voll einbringen, haben wir gute Chancen auf Punkte und Siege.
EVZ plant ohne Schlumpf und Lindemann
Das Mammutprogramm mit vier Spielen innert fünf Tagen beginnt für den EVZ am Dienstag mit der Champions League. Die Zuger empfangen Lukko Rauma zum Viertelfinal-Rückspiel. Nach der 1:3-Niederlage in Finnland müssen sie mit mindestens zwei Toren Differenz gewinnen für den Einzug in den Halbfinal. «Ich bin überzeugt, dass wir dies schaffen können, wenn wir unsere beste Leistung abrufen», sagt EVZ-Trainer Michael Liniger. Danach folgen die Heimspiele gegen Kloten (Mittwoch) und Biel (Freitag) sowie die Auswärtspartie gegen die Rapperswil-Jona Lakers (Samstag). Dabei kann der EVZ wieder auf Verteidiger Samuel Guerra und die Stürmer Tomas Tatar, Nando Eggenberger und Sven Senteler zählen, die verletzt gefehlt haben. Verteidiger Nic Balestra hingegen fällt wegen einer Verletzung aus.
Klar ist derweil, dass die am Saisonende auslaufenden Verträge mit Verteidiger Dominik Schlumpf und Stürmer Colin Lindemann nicht verlängert werden. Noch offen ist die Zukunft von Verteidiger Raphael Diaz, Priorität hat seine Genesung. Diaz laboriert an einer Kopfverletzung. Langsam macht er Fortschritte, aber in diesem Jahr wird er nicht mehr zum Einsatz kommen. (ars)