Samuel Guerra bringt karibisches Flair nach Zug.
Beim HC Lugano schmort der Verteidiger auf der Tribüne. Der Wechsel zum EV Zug kommt für den 32-Jährigen zum richtigen Zeitpunkt.
Gelassen, gut gelaunt und mitteilsam. Als wir Samuel Guerra nach dem Training zum Gespräch treffen, wirkt er entspannt. Ich bin happy und geniesse es. Es ist schön, wieder zu spielen. Ich habe Spass.
Seine Gefühlslage hat sich um 180 Grad gedreht. Denn vor einigen Wochen schmort der 32-Jährige beim HC Lugano auf der Tribüne. Nach einer guten Sommervorbereitung, wie der Verteidiger erzählt, erteilt ihm Trainer Tomas Mitell eine unfreiwillige Denkpause. Ich habe dieses Gefühl in meiner Karriere nie gekannt. Es war schwierig erzählt der Verteidiger.
In einer solchen Situation gibt es zwei Optionen: Entweder man suhlt sich in Selbstmitleid und verpufft Energie, oder man akzeptiert den Entscheid, gibt Gas und zeigt allen, dass man bereit ist. Guerra entscheidet sich für Zweiteres. Der Verteidiger bleibt positiv und sucht häufig den Kontakt mit Luganos Trainer und Sportchef. Von ihnen heisst es: Du musst dranbleiben und weiterkämpfen.
«Ich musste keine Sekunde lang überlegen»
Weil beim EV Zug nach dem Ausfall von Raphael Diaz das Abwehr-Lazarett auf ein Quartett anwächst, schrillen die Alarmglocken. Dann geht es plötzlich schnell. Am Mittwochnachmittag um 14.15 Uhr bekommt Guerra einen Anruf seines Agenten. Zug und Lugano finalisieren den Deal in Windeseile und einigen sich auf eine Leihe bis Ende November. Guerra packt seine Taschen und macht sich um 15.30 Uhr auf den Weg nach Zug. Wenn du die Möglichkeit hast, für eine solche Organisation zu spielen, war für mich die Sache sofort klar. Ich musste keine Sekunde lang überlegen. Und Lugano Sportchef Janick Steinmann sagt: «Wir haben eine Lösung gefunden, die für alle passt.
Die EVZ-Premiere gibt er zwei Tage nach der Ankunft in Zug sie ist für Guerra von besonderer Natur. Gegner ist der HC Ambri-Piotta, sein Stammverein. Als Bub hat er in der altehrwürdigen Valascia die Spiele seiner Idole verfolgt. Das Debüt im Zuger Dress gelingt und mündet in einen 4:0-Sieg.
Die defensive Solidität beim EV Zug ist in den letzten Wochen nicht nur optisch augenfällig, sondern auch an diversen Statistiken festzumachen. Sechs Gegentore in den letzten fünf Spielen lautet die Bilanz. Kein anderes Team hat in dieser Zeit noch weniger Tore zugelassen.Und genau seit fünf Spielen trägt Guerra das EVZ-Trikot.Bloss Zufall? Vielleicht. Aber Guerra bringt spür und sichtbar Robustheit und Zuverlässigkeit aufs Eis. Er punktet mit gutem Zweikampfverhalten, seriöser defensiver Pflichterfüllung. Eigenschaften, die beim EV Zug nach der Verletzungsmisere nicht im Überfluss vorhanden hat. So scheint Sportchef Reto Kläy ein guter Not-Transfer gelungen. Den Eindruck über seine kurze Eingewöhnungszeit, bestätigt Guerra: Ich habe gewusst, dass ich bereit sein muss, wenn meine Dienste gefragt sind.Guerra, Sohn eines Tessiners und einer Dominikanerin, ist früher stets seiner Zeit vo-raus. Bei Ambri spielt er schon als 14-Jähriger bei der U20-Auswahl. Aus heutiger Perspektive eigentlich ein Wahnsinn, sagt er. Mit praktisch keinen deutschen Sprachkenntnissen wechselt er zum HC Davos, dort gibt er unter Trainer Arno Del Curto mit 16 das Debüt bei den Erwachsenen und bleibt dort sieben Jahre. 2011 und 2016 holt er mit dem HCD den Titel, 2018 mit den ZSC Lions.
Lugano bestimmt, wie es weitergeht
Seine Mutter lebt in Santo Domingo, die Hauptstadt der Dominikanischen Republik. Beim letzten Besuch im Karibik-Staat vor zwei Jahren habe er gemerkt, dass ich ein halber Dominikaner bin. Er durfte die dortigen Lebensumstände besser kennenlernen. Die Art und Weise, wie die Bevölkerung mit Problemen umgeht, habe ihn beeindruckt.
Auch wenn sie nicht viel haben, sie geniessen das Leben. Nach wie vor pflegt er den Kontakt zu Familienmitgliedern,die dort wohnen. Es st schön wenn man zwei verschiedene Kulturen in der DNA trägt sagt Guerra der mit Italienisch, Französisch, Deutsch, Englisch und Spanisch gleich fünf Sprachen spricht.
Wie sieht die mittelfristige Zukunft des Verteidigers aus? Seine Leihe endet formal Ende November. Klar ist:
Die Entscheidungsmacht hat HCL-Sportchef Steinmann. Wie gross die Chancen sind, dass Guerra bis Jahreswechsel oder gar bis Ende Saison beim EVZ bleiben kann, ist völlig offen.Soweit nach vorne zu schauen bringt nichts, das wäre reine Spekulation. Ich muss einfach nach jedem Training mein Handy checken, ob ich einen Anruf verpasst habe sagt der Verteidiger. Samuel Guerra weiss wie schnell es gehen kann.
LZ