Achtung, Floskel-Alarm! Während der aufregendsten und nervenaufreibendsten Phase – der Playoff-Zeit – haben Phrasen Hochkonjunktur. Die Eishockeyspieler sind Meister im Formulieren von Plattitüden und überbieten sich damit bei jeder Gelegenheit. Beispiele gefällig? «Wir denken von Spiel zu Spiel.» Oder: «Jedes Spiel beginnt bei 0:0.» Und: «Wir schauen nur auf uns.» Oder wie gefällt Ihnen «wir müssen die kleinen Sachen richtig machen»?
Dann gibt es noch diese Weisheit, die in das Playoff-Repertoire eines Eishockeyprofis gehört: «Der vierte Sieg ist immer der schwierigste.» Dem EV Zug fehlt noch dieser besagte vierte Erfolg, um hinter der Viertelfinal-Serie einen Haken zu setzen. Während für den SC Bern die Maxime «Verlieren verboten» gilt, wollen die Zuger eine unnötige, weitere kräfteraubende Zusatzschleife um jeden Preis verhindern.
Wie viel Wahrheit verbirgt sich denn nun wirklich hinter der Aussage, der vierte Sieg ist der schwierigste? Die Frage geht an Sven Senteler. «Solche Gedankenspiele habe ich mir ehrlich gesagt noch nie gemacht. Meine Herangehensweise ist immer gleich. Man darf an der sportlichen Ausgangslage nicht herumstudieren.»
Wer zuerst trifft, gewinnt
Es würde nicht überraschen, wenn der SCB noch einmal zurückschlagen würde, schliesslich ähnelt das Kräftemessen der beiden Teams einer leistungsmässigen Achterbahnfahrt. Die Wankelmütigkeit führte dazu, dass Zug und Bern nach einem Schritt vorwärts wieder zwei zurück machten.
In dieser Serie hat sich eine Gesetzmässigkeit eingeschlichen: Wer mit 1:0 führt, beendet das Spiel als Gewinner. Am Montag hatte Verteidiger Dominik Schlumpf mit seinem dritten Saisontor den Weg Richtung Sieg freigeschaufelt. Senteler will in die Gemeinsamkeit der Partien nicht zu viel hineininterpretieren, sagt aber: «Das erste Tor hat uns viel Aufwind und Sicherheit gegeben. Wir konnten befreiter und selbstbewusster aufspielen.»
Senteler: «Die Änderungen brachten frischen Wind»
Aufgefallen sind am Montag die Veränderungen in den Sturmreihen. Dan Tangnes ist kein Fan davon, an den Linien herumzuexperimentieren und Spieler wie Figuren hin- und herzuschieben. Doch nach dem Misstritt in Bern wollte der EVZ-Cheftrainer «Gewohnheiten und Muster durchbrechen, um eine neue Dynamik zu entfachen». Tangnes hat eine solche Massnahme mal als Big-Brother-Effekt bezeichnet. Eine Gruppe von Personen, in der jeder weiss, wie der andere tickt, wird aufgesplittet. Festgefahrene Abläufe werden aufgebrochen, die Spieler müssen mehr kommunizieren, der Fokus wird geschärft. Der Plan ging hervorragend auf.
Captain Jan Kovar wurde von der nominell ersten Linie abgezogen. Eine Umstellung, die eine positive Wirkung hatte. Einerseits zeigte Kovar Aufwärtstendenz (1 Tore, 2 Assists) und kam besser zur Geltung, andererseits konnten sich durch die «Beförderung» des agilen Marc Michaelis die Flügel Dario Simion und Fabrice Herzog häufiger in Szene setzen. Auch Senteler wurde von zwei neuen Flügeln flankiert – Attilio Biasca und Riley Sheen. «Die Änderungen brachten frischen Wind», sagt Senteler. Der Stürmer wurde gestern noch mit 2000 Franken für das Vortäuschen eines Fouls gebüsst, «wofür ich ehrlich gesagt überhaupt kein Verständnis aufbringen kann», ärgerte er sich.
Es ist davon auszugehen, dass Tangnes Mittwoch dieselben Offensiv-Formationen wie beim 6:2 Sieg laufen lässt. Die einzige Frage lautet, ob Andreas Eder anstelle von Sheen ins Line-up zurückkehrt. «Beide Spieler machen eine schwierige Saison durch. Es sind unterschiedliche Charaktere und sie bringen verschiedene Qualitäten mit», erklärt Tangnes, der am Matchtag den finalen Entscheid trifft.
Der EVZ wird wiederum bemüht sein, die anfällige Berner Defensive früh zu stören und schnell zwischen Offensive und Defensive umzuschalten. Würde das Team in alte Fahrwasser zurückfallen (analog Samstag), wäre der Druck für Zug bei einem möglichen Endspiel ungleich höher. Und die Spieler werden dann diese Floskel bemühen müssen: «Wir haben es immer noch in unseren eigenen Händen.»
LZ